Mittwoch, 29. August 2012 4 Kommentare

Von Wasserfällen, Canyons und 751 Treppenstufen...

... berichte ich euch heute, denn wir haben mal wieder einen Ausflug ins Umland gestartet.

Ziel war die Umgebung um die beiden "deutschen Städte" Gramado und Canela, die ungefähr zwei Autostunden Fahrtzeit von Porto Alegre entfernt liegen.

Dort gibt es einige Nationalparks, deren Besuch sich - soviel kann ich jetzt sagen - definitiv lohnt!

Für mich ist immer wieder erstaunlich, wie viel Natur Brasilien sogar in unserer doch recht dicht besiedelten Region im Süden zu bieten hat. Kilometerweit schauen, ohne ein Zeichen menschlichen Lebens zu sehen, wo kann man das in Europa?

Deshalb möchte ich auch gar nicht viel schreiben, lasst einfach die Bilder auf euch wirken:




Verdammt! Erst nach 286 Stufen gesehen, wie tief es runter geht...



am Fuß des Wasserfalls angekommen


und wieder oben... erstmal Pause!









irgendwie surreal
















Rückweg

Montag, 6. August 2012 3 Kommentare

Café Colonial, oder: die brasilianische Anti-Diät!

Erstaunlicherweise habe ich in den ersten sechs Monaten in Brasilien einiges an Gewicht verloren. Gefühlt habe ich das allerdings gestern an einem Tag alles wieder zugenommen. Wie es dazu kam? Nun ja, bei unserem Ausflug ins Umland aßen wir in einem "Café Colonial", einer - für die Brasilianer - typisch deutschen Restaurantidee.

Wie schon einige Male erwähnt wimmelt es im Umland von Porto Alegre nur so von deutschen Kolonien, deutschen Dörfern und deutschen Restaurants. Wie deutsch all dies wirklich ist, konnten wir bereits bei unserem Osterausflug nach Gramado feststellen. Was wir damals jedoch aufgrund der überfüllten Restaurants nicht ausprobieren konnten, war Café Colonial.
Meine Kollegin Gaby beschrieb es damals so: "Man setzt sich an den Tisch und dann stellen die Kellner alles, was man so essen kann auf den Tisch."
Nach gestern sage ich: "STIMMT!" Besser kann man es nicht beschreiben.

Café Colonial fühlt sich an wie ein Sonntag bei Oma, nur dass Frühstück, Mittagessen, Kaffee und Kuchen und Abendessen gleichzeitig stattfinden.
Nachdem wir uns an den Tisch gesetzt hatten, brachte der Kellner zunächst Traubensaft, Apfelsaft und Wein, fragte, ob wir Kaffee, Tee, heiße Schokolade oder Kakao bevorzugen würden und startete auch schon mit dem ersten Essen. Ein Brotkorb mit Brötchen, Grau- und Weißbrot sowie einer Auswahl an "Schmier" (die brasilianisch-deutsche Bezeichnung für alles, was man aufs Brot schmieren kann, also von Frischkäse bis Marmelade), Käse, Fleisch- und Blutwurst und Schinken wurde vor uns aufgetürmt. Sekunden später wurden Schokoladen-, Möhren-, Mandel-, Zitronen- und Käsekuchen sowie Zimtschnecken und Waffeln gebracht. Nicht genug des Ganzen folgten die herzhaften Sachen: Pizzastücke, Pasteis, Mixed Pickles, fritierter Maniok, Hähnchenfilet und -keulen und Wurst. Vollständig überfordert "schmier"ten wir uns erstmal ein Brot...

Der freundlichen Kellnerin, die mit einer Platte gegrillten Fleisches an unseren Tisch kam, konnten wir nur ein erstauntes Kopfschütteln und ein "Não, obrigado!" entgegenbringen.

Schlaraffenland oder Essenshölle?

Wir taten unser Bestes, wenigstens alles zu probieren und beschlossen, uns aufzuteilen. "Ok, pass auf: ich esse das, das und jenes und du probierst dieses und das hier und wenn es gut schmeckt, dann sagen wir Bescheid!" war mein Schlachtplan.
Während ich mich durch Essensberge wühlte hörte ich aus der Ferne jemanden höflich "Strudel?" fragen. Jan schaffte es tatsächlich mit einem Hähnchen in der einen und einem Brot in der anderen Hand zu nicken und bekam ein großes Stück warmen Apfelstrudel neben seine Pizza mit Schinken gelegt.

Haben wir gewonnen? JA! Wir haben es tatsächlich geschafft, alles, was auf dem Tisch stand, einmal zu probieren. Ich fühlte mich danach allerdings, als hätte ich einen schwierigen Wettkampf überlebt - Essen kann so grausam sein.
Als der Kellner uns beim Aufstehen auf das reichhaltige Nachtischbuffet am Restauranteingang hinwies hätte ich fast geweint....
Mittwoch, 1. August 2012 0 Kommentare

Sonntagliches Mini-Churrasco

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Neulich bei der Post...

Ach Deutschland, Du Land der Bürokratie, des geordneten Schlangestehens und der komplizierten Formulare, wie vermisse ich Dich... denn nun lebe ich in Brasilien, dem König- nein KAISERREICH der Bürokratie.

Jan hatte es bereits im letzten Jahr erwähnt: Es gibt einen Spruch der besagt, in Deutschland sei die Bürokratie erfunden worden, Brasilien aber habe sie perfektioniert!

Ganz getreu diesem Motto gestalten sich hier Aussagen wie "ich geh eben mal zur Post" zu Halbtagsbeschäftigungen.
Auch ich durfte diese Erfahrung letzte Woche zum ersten Mal machen. Ich wollte einen Brief nach Sao Paulo schicken und war auf der Suche nach einem Briefmarkenautomaten. Also fragte ich eine Kollegin. "Briefmarkenautomat? Sowas gibt es hier nicht, Du musst schon in eine Postfiliale gehen." war die Antwort. "Muss ich irgendwas beachten?" war meine wohlweislich gestellte Gegenfrage. "Nein, alles ganz normal, ganz einfach."
Na dann, auf zur Post.
Schon vor der Tür wurde mir klar, dass es wohl doch nicht "ganz normal, ganz einfach" werden würde - zumindest nicht nach meinen Maßstäben.
Um überhaupt die Filiale betreten zu dürfen wurde ich einem Sicherheitscheck unterzogen, an dem sich die Leibgarde der Queen noch ein Beispiel nehmen kann: "Elektronische Geräte, Schlüssel, Kugelschreiber etc. - bitte alles in die vorgesehene Schleuse legen" begrüßte mich der Gorilla am Eingang der Filiale. Dummerweise hatte ich unser I-Pad in der Tasche, das nicht in die Schleuse passte. "Was mache ich jetzt damit, darf ich das in der Tasche lassen?" fragte ich. "Nein, das dürfen sie keinesfalls mit reinnehmen." Da ich es auch nicht auf der Straße liegen lassen wollte, ging ich also zurück in die Sprachschule um das I-Pad bei der Sekretärin zu verstauen und startete einen neuen Versuch.
Nachdem der Alarm aufgrund meines Eherings zweimal vorwurfsvoll gepiept hatte und sämtliche Brasilianer in der Filiale mich schon als Attentäterin eingestuft hatten, war ich schließlich drin.
Ich suchte vergebens eine Schlange, an der ich mich anstellen konnte und fragte schließlich den Sicherheitsmann, was als nächstes zu tun sei. "Ziehen sie da vorne eine Nummer" war die Antwort.
Nun gut - "das Spielchen ist mir aus deutschen Ämtern wohl bekannt" dachte ich und stellte mich an der Schlange zum Nummern ziehen an. Als ich an der Reihe war, kam das nächste Problem. Ich hatte die Auswahl zwischen vier verschiedenen Knöpfen (1. Paket verschicken, 2. Bankgeschäfte, 3. Senioren/Frauen mit Kleinkindern, 4. Sonstiges). Hoffnungsvoll drückte ich "Sonstiges" und erhielt die "436 D 2/a". Nach einem Blick auf die Anzeigetafel, die gerade schlicht und einfach die Nummer 7 aufrief wurde ich leicht unsicher. Aber gut. Bloß nichts anmerken lassen und einfach abwarten.
Nach einer 3/4 Stunde getraute ich mich, den Sicherheitsmann zu fragen, wann meine Nummer denn wohl aufgerufen werden würde. "Was ist denn ihr Anliegen?" "Ich brauche eine Briefmarke." antwortete ich. "Haben Sie Sonstiges gezogen? Dann warten Sie einfach ab, Sie werden schon noch aufgerufen." Und tatsächlich: Nach ca. 1 1/2 Stunden durfte ich zum Schalter vortreten, mein Brief wurde gewogen, ich zahlte den Betrag und der Brief ging auf den Weg.

Etwas verstört und mit hochrotem Kopf trat ich wieder auf die Straße und dachte "Geschafft! Aber vielleicht hätte ich direkt ein paar auf Vorrat kaufen sollen...?"
 
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