Montag, 30. Januar 2012 2 Kommentare

Panoptikum der Woche III

Samstag, 28. Januar 2012 3 Kommentare

BAH! Die Gauchos und ihr Dialekt

Quelle: the-reaction.blogspot.com


Sitzen zwei Gauchos in einer Kneipe, vor sich ein eiskaltes Bier. "Bah" freuen sich beide!
Eine schöne Frau betritt die Bar. Sagt der Eine zum Anderen: "Bah", der Andere nickt anerkennend "Bah". Die Schöne wirft sich in die Arme eines Tätowierten und die Gauchos bedauern "Bah".

Soweit die Werbung für das Porto Alegrensische Bier "Polar" und soviel zum Akzent der Gauchos, in deren Mitte wir nun leben.

Ähnlich der ostfriesischen Bevölkerung lässt sich hier eine vollständige Unterhaltung mit nur einem Wort führen.
Für ein bisschen mehr Varianz dürfen auch gerne die Ausdrücke "ne" und "tri" mit eingestreut werden.
Beeinflusst von den deutschen und italienischen Einwanderern während der Mitte des 19. Jahrhunderts sowie durch die Nähe zu den spanisch sprechenden Ländern Argentinien, Uruguay und Paraguay klingt das Portugiesisch der Gauchos (gesprochen: Ga-u-scho:s, mit Betonung auf dem u) definitiv anders als das anderer Brasilianer.
Wer hier lebt, ist stolz auf seine Herkunft und damit stolz auf das "Anderssein".
Während "bah" und "ne" schon immer als Universalausdrücke wie "gell", "fei" und das rheinische "nä" fungieren, ist "tri" ein recht junges Wort, das sich zwischen 1958 und 1971 entwickelt hat. Grund und Ursprung liegen in der "Ära Pele", in der die brasilianische Nationalmannschaft dreimal (tri-) die Weltmeisterschaft gewinnen konnte. Während sich das Wort im Rest Brasiliens nicht durchsetzen konnte, haben es die Gauchos beibehalten und nutzen es als Verstärkung anderer Wörter, so z.B. wenn etwas besonders toll ist: "tri-legal".
Jan und ich versuchen, zu "bah-en, ne-en und tri-en" wo es nur geht, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie die Sprache funktioniert. Leider klappt das Handling außer bei "tri" noch nicht sehr gut, weil uns bisher keiner erklären konnte, wann genau die Wörter benutzt werden. "Sagt ihr "bah" am Anfang des Satzes, wenn ihr überlegt?" fragte ich gestern meine Lehrerin. "Ja genau, so machen wir das!" und ich versuchte "Bah - esta quente demais hoje!" (Es ist zu heiß heute!). "Nein, an der Stelle passt es nun gerade nicht..." antwortete sie.
Nun gut - es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen - wir versuchen es weiter und ich bin sicher: eh wir uns versehen, sind wir Gauchos!
Donnerstag, 26. Januar 2012 3 Kommentare

GOOOOOOL!!! Die Brasilianer und der Fußball

Ich erwähnte es bereits. Die erste und alles entscheidende Frage in Porto Alegre ist stets: "Gremista ou Colorado?", denn Porto Alegre hat zwei Fußballvereine.

Quellen: figobay.wordpress.com, culturamix.com
















Während der SC International mit einem Maskottchen, das der Sagenwelt der brasilianischen Sklaven entstammt, offensichtlich eher der Verein der Arbeiterklasse ist, ließ Gremio erstmals 1952 schwarze Spieler zu und gilt als Verein der Besserverdienenden.
Die Rivalität zwischen den Fans ist mehr als deutlich und wird in allen Gesprächen über Fußball spürbar. So versucht jeder Porto Alegresi stets, Jan und mich von dem jeweils anderen Verein zu überzeugen.

In der Sprachschule erntete ich gestern entsetzte Blicke von meinen beiden Lehrerinnen als ich erzählte, dass wir abends auf ein Inter-Spiel gehen. "Wieso denn das? Wieso schaut ihr euch schlechten Fußball an? Wer hat euch dazu überredet? Ihr Armen!!!". Beide sind überzeugte Gremista und verstanden die Welt nicht mehr.

Mannschaftsbus, fotografiert auf meinem Heimweg

Jans Kollege Guillherme hatte uns eingeladen, abends mit ein paar Freunden zum Spiel der "besten Fußballmannschaft der Welt" mitzukommen und wir waren mehr als gespannt. "Tragt aber bloß kein blau!", war der gute Rat von Guillherme, denn blau ist die Farbe der Gremistas. Um halb neun kamen wir in der Nähe des Stadions an und es verschlug uns die Sprache. Ein Meer aus rotgekleideten, feiernden und singenden Menschen zog Richtung Stadion. Wir fielen natürlich auf wie bunte Hunde und wurden mehrmals gefragt, woher wir kommen und welches unser Team ist.


Nach einer cerveja und einem chachorro quente (Hotdog) ging es dann los. Wir kamen ins Stadion, wo bereits um die 50.000 Menschen "Camisa Vermelha" (rotes Hemd) sangen (hier einmal ein kleiner Eindruck der Stimmung).
Die Colorados gewannen 1:0 gegen eine kolumbianische Mannschaft und für uns war es ein unvergessliches Erlebnis.
Eine Entscheidung ist aber noch nicht gefallen, wir warten auf eine Einladung der Gremistas...
Mittwoch, 25. Januar 2012 8 Kommentare

Zwischen den Welten...

Heute gibt es mal einen etwas nachdenklichen Post. Das hat zwei Gründe. Zum einen sind wir jetzt seit drei Wochen hier und die Zeit ist wie im Flug vergangen während es mir vorkommt, als wäre ich schon viel viel länger hier. Zum anderen bin ich diese Woche selber ziemlich nachdenklich und reflektiere die Dinge, die wir hier bisher erlebt haben.

Ich fühle mich in dieser Woche als stünde ich zwischen den Welten und das ganze schlägt sich auch in meiner Sprache und in meiner Stimmung nieder.
Es gibt Momente, da verstehe ich fast alles, Momente, in denen ich schon Gespräche auf Portugiesisch führen kann wie am Montag, als wir mit Jans Kollegen abends Essen waren. Es gibt Lob von allen Seiten (die Brasilianer sind ein höfliches Völkchen), weil alle erstaunt sind, wie viel wir verstehen und wie schnell wir lernen. Ich höre Radio und verstehe, worum es geht. Ich lese Zeitung und verstehe die Nachrichten. Ich erzähle, wie lange wir hier sind, wo ich geboren bin, was ich beruflich in den letzten Jahren gemacht habe, dass ich Fußball mag. Ich kann den Nummer 1 Hit in Brasilien mitsingen.

Und dann gibt es Momente, in denen ich einfach müde werde... Müde, weil es anstrengend ist, sich permanent zu 100% zu konzentrieren. Müde, weil ich - sobald ich ein paar Sekunden dem Gespräch nicht folge - nicht mehr weiß, worum es geht. Müde, weil ich nicht einfach in ein Geschäft gehen kann, um Sachen zu kaufen, sondern immer überlegen muss, was ich sage. Müde, weil Radio hören, Fernsehen gucken und Zeitung lesen keine Entspannung sind, sondern vollste Aufmerksamkeit verlangen. Müde, weil ich nicht irgendwo anrufen kann, um Dinge zu klären.

Das sind die Höhe- und die Tiefpunkte, die ich empfinde, meistens jedoch fühle ich mich irgendwo zwischen den Dingen. Sprachlich sowieso. Ich bewege mich zwischen Deutsch, Englisch und Portugiesisch. Ich mixe momentan die drei Sprachen miteinander. Es gibt Wörter, die mir schneller auf portugiesisch einfallen, als auf Deutsch oder Englisch.

Gedanklich und körperlich bin ich zwischen Brasilien und Deutschland. Ich erzähle viel von der deutschen Kultur, habe selten soviel über die deutschen Philosophen und die deutsche Geschichte geredet wie hier. Ich traue mich nicht shoppen zu gehen, weil ich nicht möchte, dass die Verkäuferin mit in die Umkleide kommt. Ich trinke mein Bier gerne ohne Eisklumpen und Hühnerherz wird nicht meine Leibspeise. Ich bin nicht höflich, weil ich nicht permanent "Tudo bem?" frage, auch wenn ich gar nicht wissen möchte, wie es dem anderen geht. Ich trage keine Leggins mit Tennisschuhen wenn ich tagsüber das Haus verlasse und keinen Minirock mit High Heels wenn wir abends ausgehen. Ich verfalle nicht in Lobgesang, wenn ich jeden Mittag meinen Teller an einem all you can eat-Buffett beladen kann. Ich streiche die Wände in der Wohnung selber und bezahle Dinge, die ich kaufe nicht per Ratenkredit (Schuhe, Kleider, Lebensmittel...).

ABER: Ich fühle mich brasilianisch wenn ich mir bei 25 Grad einen Pulli und eine lange Hose anziehe, wenn ich mein Fleisch in Maniokmehl dippe und mich in eine Schlange anstelle, ohne zu murren. Wenn ich meine Einkäufe einzeln in Plastiktüten einpacken lasse ohne zu helfen und den Einkaufswagen mitten auf dem Parkplatz stehen lasse. Wenn ich zehn Minuten an einer Straßenkreuzung stehe, weil ich weiß, dass Fußgänger keine ernstzunehmende Spezies sind. Wenn ich das Toilettenpapier nicht in die Toilette schmeiße (ja, auch darüber muss geredet werden!). Wenn meine erste Frage "Gremista ou Colorado" heißt und ich alle Leute mit Küsschen begrüße.

Ich merke, dass ich von Tag zu Tag mehr meinen deutschen Blick auf die Dinge verliere. Ich wundere mich weniger und nehme dennoch nicht alles als selbstverständlich hin. Ich bin gespannt, wie es weiter geht...
Montag, 23. Januar 2012 3 Kommentare

Fleisch ist mein Gemüse, oder:

Mein erstes, zweites und drittes Churrasco!

Liebes Tagebuch,
am Freitag war ich auf meinem ersten Churrasco. Ich habe dort viel erlebt und es war sehr schön.

Spaß beiseite - Churrasco ist ein ernstes Thema, denn Fleisch ist hier DAS Gemüse.
Ich erwähnte bereits, dass ich glaube, dass dies der wahre Grund ist, warum Jan nach Brasilien gezogen ist. "Du musst das probieren, das ist eine Offenbarung!!!" hallte Jans Schwärmerei in meinem Kopf, nachdem Vinicius, unser Volleyballfreund uns für Freitag auf ein waschechtes Churrasco bei Freunden eingeladen hatte. Also los, Vinicius packte uns ins Auto und chauffierte uns zu einem Haus, das etwas abseits der Innenstadt gelegen war. Wir stiegen aus und wurden von der Gastgeberin, Mariane, auf eine Dachterrasse mit Blick über die Stadt, Pool und einer großen churrasqueira geführt. Angesetzt für 19h füllte sich ab 22h (!) die Dachterrasse mit Brasilianern und es konnte los gehen.
Jesus, der Grillmeister, stand geschäftig vor der churrasqueira und spießte verschiedene Fleischstücke auf. Nach einer Weile wurde dann eine große Holzschale herumgereicht in der sich farofa (geröstetes Maniokmehl) und mehrere kleine Fleischstücke befanden. "O que e isto?" ("Was ist das?"), fragte ich. "Coracaozinho" tönte es aus allen Ecken und Vinicius erklärte auf deutsch "Hühnerherz!". Na gut, dachte ich mir. Du bist in einem fremden Land und probierst alles, was es hier gibt, auch wenn meine Lust auf Hühnerherz sich wahrlich in Grenzen hielt.

Quelle: ventoharagano.com.br
Der nächste Gang war schon mehr nach meinem Geschmack: salsichao, mit Kräutern gewürzte Würstchen, die einfach unglaublich schmeckten.
Der Fleischkonsum brach nicht ab, immer neue Leckereien wurden herumgereicht; stets in der großen Holzschale, in mundgerechten Stücken und jeder griff nach Herzenslust zu. "Was meinst Du, wie viel Fleisch wir pro Person bei einem Churrasco essen?" fragte Vinicius. Ich hatte keine Ahnung und er erklärte stolz: "Ca. 400 g an einem Abend wie heute, wenn wir unter Männern sind 1 kg pro Mann!" und ich verstand immer besser, was Jan meinte. Es wurde geredet, getrunken, gelacht, gebadet und gegessen und ich fühlte mich unglaublich brasilianisch.
Für Samstag Abend hatten wir Freunde zum Essen zu uns nachhause eingeladen und entschieden kurzerhand: Wir weihen unsere wohnungseigene churrasqueira ein! Also ab zum Supermarkt und alles kaufen, was man benötigt:
Espetos, die langen Spieße, auf denen das Fleisch aufgespießt wird.
Carvao, die typische Holzkohle.
Und natürlich: salsischao, carne und Kräuter, um selbst gemachte Kräuterbutter herzustellen, die in Brötchen geschmiert wird, die auch auf den Grill kommen.


Francioni spielte den Grillmeister und nachdem die Würstchen als Vorspeise im Stehen gegessen wurden, setzten wir uns an den Tisch und er führte uns die verschiedenen Fleischstücke am Spieß vor. 


Ein rundum gelungener Einstand für den Hausgrill und ebenso lecker wie bereits Freitag.

Für Sonntag Mittag waren wir bereits früher in der Woche mit Freunden in einer churrascaria verabredet, sodass der Fleischkonsum munter weiter ging. Dieses Mal allerdings weitaus professioneller mit Kellnern, die mit den verschiedensten Fleischstücken von Tisch zu Tisch gingen und stets die Stelle abschnitten, auf die man zeigte.

Nach dem dritten churrasco in Folge hatte ich mir für diese Woche den vollständigen Verzicht vorgenommen, aber gerade klingelte das Telefon. Es war Jan: "Du magst doch churrasco, oder? Wir haben heute Abend eine Verabredung"....
Mittwoch, 18. Januar 2012 2 Kommentare

Momentan außer Betrieb...

Quelle: sonderschild.de
Ihr Lieben, da ich momentan immer dann, wenn ich nicht in der Sprachschule bin, die Wohnung streiche, wird der Blog diese Woche etwas vernachlässigt. Ich verspreche, dass es weiter geht, wenn die Farbe an den Wänden ist!!!
Montag, 16. Januar 2012 2 Kommentare

Nao falo portugues...

oder: Meine zehn wichtigsten Sätze in der neuen Heimat

Dass ich Französisch oder Englisch gelernt habe ist nun auch schon ein paar Jahre her und so vergisst man, wie hilflos man sich anfangs in einer fremden Sprache bewegt. Hinzu kommt: In welchem Alter lernt man Englisch? Ich war zehn, als ich in der 5. Klasse damit angefangen habe. In der 9. Klasse kam dann Französisch dazu. Was ich sagen will ist: Ich war ein Kind bzw. eine Jugendliche und bekanntermaßen lernt man als Kind schneller und leichter. Durch Kinderaugen gesehen ist alles weniger kompliziert. Sogar die eigenen Satzgefüge in der Muttersprache sind noch nicht so ausgefeilt und rhetorisch durchdacht wie als Erwachsene. Als Kind lässt man sich schneller auf eine Sprache ein, man hat weniger Scheu davor Fehler zu machen, man traut sich schneller die fremde Sprache zu nutzen, die Themen über die man spricht sind einfacher (Freunde und Familie, Regeln und Ausgehzeiten, Lieblingsessen und Kinofilme).
Ich bekomme das hier jeden Tag vor Augen geführt. Ich rede gerne (das ist ja allseits bekannt) und ich sehe nicht ein, dass ich mich von der fremden Sprache daran hindern lasse! Also lege ich all meine Scheu ab und spreche drauf los. Allerdings mit einem stark eingeschränkten Wortschatz. Ich behaupte, ich kann momentan vielleicht 30-50 Verben fehlerfrei konjugieren und nutzen. Hinzu kommen in der Theorie vielleicht 500 Wörter, von denen aber nur 300 praxistauglich sind (ich kann schon seit Monaten ein Doppelzimmer mit Balkon für zwei Wochen in Recife reservieren, außerdem einen Mann auf der Straße fragen, ob ich ihm helfen soll, die Koffer zu tragen, aber was nützt mir das???!!!). Ich kann Sätze mit 3-6 Wörtern bilden. Ich kann Getränke bestellen und Möbel kaufen, kann fragen, wo der Bus fährt und wie es Nilvas Nichte geht. ABER: Ich kann nicht über die deutsche Geschichte reden, verstehe die Lokalpolitik aus der Zeitung nicht, kann nicht witzig sein...

Bis ich all das oder zumindest einiges davon kann, sind meine Helfer in der Not seit dem ersten Tag und vermutlich noch für die nächsten Wochen folgende Sätze:
1. Nao falo portugues muito bom (ich spreche nicht sehr gut portugiesich)
2. Nao entendo (ich verstehe nicht)
3. Seit neuestem: Entendo! (ich verstehe)
4. Tem acucro/cafe/alguma coisa contra caruncho/etc.... (Haben Sie Zucker/Kaffee/etwas gegen Holzwurm/etc....)
5. Esta quente hoje (es ist heiß heute)
6. Esta chuvendo hoje (es regnet heute) -- Über das Wetter reden können ist immer von Vorteil
7. Eu sou da Alemanha (ich bin aus Deutschland)
8. Eu gosto isto (mir gefällt das)
9. Nao gosto isto (das finde ich furchtbar hässlich) -- Ihr glaubt nicht, wie abscheulich der brasilianische Möbelgeschmack sein kann
10. Eu amo Brasil
Sonntag, 15. Januar 2012 5 Kommentare

A Walk in the Park...

Nach zwei Tagen sintflutartigen Regens ist heute der Sommer wieder zurück gekehrt. Mit 26 Grad ist es zwar noch recht frisch (ich laufe tatsächlich bei den Temperaturen in langer Jeans und langer Bluse durch Porto Alegre), aber die Sonne scheint und so haben wir uns zu einem ausgedehnten Spaziergang zum größten Park der Stadt entschlossen.
Dort findet jeden Sonntag ein Flohmarkt statt, den wir uns nicht entgehen lassen wollen.

Als wir ankommen wuselt bereits ein kunterbuntes Völkchen von Stand zu Stand. Porto Alegre hat also auch eine alternative Kultur: braun gebrannte Surfer mischen sich mit Rastafari, einer Band, die kommunistische Lieder spielt und Gothicmädchen. 

Am Straßenrand verkaufen Familien Korbwaren während städtische Künstler ihre Skulpturen und Bilder ausstellen. 


Jeder zweite Stand scheint Equipment für chimarrao feil zu bieten. Dass sich dies lohnt erkennt man schnell an den vielen chimarrao trinkenden Besuchern des Flohmarkts. Es riecht nach den bitteren Kräutern, die mit heißem Wasser aufgeschüttet und dann getrunken werden.

Wir verkneifen uns den Kauf einer Garderobe (erst einmal sehen, wie sich die anderen Möbel in der Wohnung machen) und schlendern weiter durch den Stadtpark.

Die Parks hier sind voller Kunst, Betonwände zeigen sich mit bunten Graffitis verschönert und die riesigen Bäume und Palmen spenden den Spaziergängern Schatten.
Sonntag ist in unserem Bundesstaat der Tag, an dem die churrasqueiras heiß laufen. Es wird gegrillt, flaniert, chimarrao getrunken und entspannt...
Samstag, 14. Januar 2012 2 Kommentare

Panoptikum der Woche II

Freitag, 13. Januar 2012 2 Kommentare

Ja sin mer he im Rheinland?

Von den Parallelen zwischen den Völkern!

Seit dem zweiten Tag hier besitze ich bereits einen Handyvertrag. Ich war erst unsicher, ob ich den wirklich brauche, denn schließlich kenne ich hier keinen außer Jan, mit dem ich telefonieren könnte. So kann man sich täuschen! Kaum zwei Wochen in der neuen Heimat und die Liste der Telefonbucheinträge ist bereits lang.
Dass Alessandra sich gleich am zweiten Tag mit mir zum Sightseeing treffen wollte, hatte ich noch darauf geschoben, dass sie sich ein bisschen verpflichtet fühlt. Francioni und seine Freundin Lisi hatte Jan ja schon bei seinem Kurztrip vor zwei Jahren kennen gelernt und ich wusste, dass die Beiden sich gerne mit ihm treffen. Vinicio hatte Jan auf einer Party kennen gelernt und er hatte sich gleich als Volleyballconnection heraus gestellt.
In der Sprachschule verstand ich mich dann auf Anhieb mit meinem professor Raffael und mit Fabian aus Hamburg. Handynummern wurden ausgetauscht, weil Raffael in einer Band spielt und uns zum nächsten Gig eingeladen hat.
Aber dass ich so häufig von Menschen auf offener Straße angequatscht werde, hätte ich nicht gedacht. So auch heute. Wie immer streifte ich durch die Gegend, meinen Fotoapparat vor der Nase, als ich den schönen alten Briefkasten (correio) an einer Hausmauer sah.


Tu gosta?“ (Gefällt Dir das?) hörte ich auf einmal eine weibliche Stimme von der Seite. „Sim, gosto!“ antwortete ich und ein Wortschwall wurde auf mich losgelassen. „Nao falo portugues muito bom, desculpe-me.“ (Ich spreche nicht sehr gut Portugiesisch) antwortete ich entschuldigend und „So falo alemao e ingles.“ (Ich spreche nur deutsch und englisch). „Aaahhh, deutsch. Ich bin Madalena und ich möchte mehr deutsch sprechen, meine Oma ist aus Deutschland und ich fahre bald dorthin, nas ferias. Gehen wir einen Kaffee trinken? Ich wohne hier in dem Haus.“ Madalena bat mich ins Haus und wir tauschten gleich Handynummern aus. Ich hatte mir Anfang der Woche schon überlegt, ob ich wohl über die Uni an ein Sprachtandem komme und jetzt hatte mich eines auf der Straße aufgegabelt.
So funktioniert Brasilien: „Tu me liga“ (Ruf mich einfach an) ist hier nicht nur leeres Gerede. Die Brasilianer sind herzlich, offen und quatschen Jeden einfach an, fast wie im Rheinland. Ein Grund dafür ist sicher, dass estrangeiros in Porto Alegre (noch) sehr selten sind. Die Porto Alegresi finden es spannend und auch ein bisschen seltsam, dass man aus dem Ausland in ihre Stadt kommt, um hier zu leben. Hoffentlich bewahren sie sich diese Neugier auf Fremde und Fremdes - auch wenn Brasilien weiter wirtschaftlich boomt und sicher immer mehr Ausländer hierhin kommen. 
Wer also Lust hat, Menschen und Land kennen zu lernen, der muss einfach nur auf die Straße gehen... und lächeln.




Donnerstag, 12. Januar 2012 6 Kommentare

Der Brasilianer an sich...

oder: Wahr- und Unwahrheiten über die neue Heimat
Quellen: business-direct-brazil.com; merkur-online.de; wikimedia.org; brasil-shop.spreadshirt.de


Es gibt nur Itsybitsy-Tiniwini-Honululu-String-Bikinis
    Ja und Nein. In den üblichen Geschäften bestehen tatsächlich alle Bikinis aus vier Dreiecken. Zwei für oben und zwei für unten ;-) Es gibt allerdings Läden für fülligere und ältere Damen, die auch den europäischen Bikinischnitt führen.
Der Verkehr ist chaotisch
    Ja, Ja und nochmals Ja! Dem stimme ich entschieden zu! Es gibt keine Spurbemalung, d.h. eine eigentlich einspurige Straße wird schnell mal dreispurig wenn möglich. Nicht zu vergessen, die Motoboys, die oft als Lieferdienst genutzt werden und sich auch noch zwischendurch schlängeln.
Man putzt sich in der Öffentlichkeit nicht die Nase
    Stimmt! Es gibt auch keine Taschentücher wie bei uns. Das einzige, das kaufbar ist, sind gemusterte Einzelpäckchen, die gerne nach Klostein riechen. Ich habe bisher keinen Brasilianer mit einem Taschentuch gesehen. Alessandra war ganz erstaunt, dass ich das seltsam finde. Sie erzählte mir gleich von ihrem persönlichen Schreckenserlebnis in Deutschland: Ihre erste Vorlesung an einer deutschen Uni im Wintersemester. Ein ganzer Hörsaal schneuzt sich!
Brasilianer sind faul
    Nein und Ja. Die Bürozeiten sind hier deutlich länger als in Deutschland. Man fängt meist früh an (ca. um 7 Uhr) und hört dafür nicht früher auf. Allerdings gibt es überall auf den Straßen das südländische Phänomen „einer arbeitet, fünf schauen zu“. Hinzu kommt, dass es Arbeitskräfte für ALLES gibt (siehe schon der Angestellte, der pfeift), z.B. Aufzugführer, Müllsammler, Menschen, die Amtsgänge für andere erledigen. Ich habe gehört, dass es sogar Leute gibt, die sich gegen Bares für einen in Warteschlangen anstellen. Ob wahr oder falsch muss ich noch herausfinden.
Die Bürokratie ist schlimmer als in Deutschland
    Definitiv. Ich erzählte ja bereits von dem Versuch, einen Staubsauger zu kaufen. Das ganze gipfelt bei uns momentan im Autokauf. Auch nach mehreren Versuchen haben wir es bisher nicht geschafft, weil immer irgendetwas fehlt (Stromrechnung, Unterlagen der Hausbank, abenteuerliche Nummern)
Keiner spricht Englisch
    Die meisten Brasilianer sprechen hier kein Englisch. Ausnahmen sind Hotelrezeptionen und Ärzte in Krankenhäusern. Meine Sprachlehrerin Elisa, die aus Brasilia stammt und lange in Sao Paulo gelebt hat, sagt allerdings, dass das in den großen Städten schon lange nicht mehr so sei.
Hausangestellte und Gärtner gehören in jeden Haushalt
    Das stimmt! Während ich fröhlich streiche, blogge und Portugiesisch lerne, kann ich durch unsere große Fensterfront in fast jeder Wohnung eine Haushälterin erkennen, die putzt und die Kinder versorgt. Leider gilt der Grundsatz „je dunkler die Hautfarbe, desto schlechter der Job“ hier auch. Hausangestellte und Gärtner sind häufig dunkelhäutig.
Alles ist bunt
    Es ist auf jeden Fall viel bunter als in Deutschland. Überall stehen rote, türkise, orange und gelbe Häuschen mit bunten Fensterläden. Die blühenden Blumen tun ihr Übriges dazu. Auch die Kleidung der Menschen ist bunter. Ich war vorgestern in einem Einkaufszentrum, in dem es ausschließlich Kleidung mit Blumenmuster gab (ich schwöre es!)
Im Restaurant bezahlt man kiloweise
    Auch davon habe ich hier bereits erzählt. Wenn man mittags essen geht, dann bieten die meisten Restaurants ein Buffett mit Salaten, Maniok, Fleisch und Desserts. Man kann sich den Teller je nach Hunger füllen und bezahlt dann nach Gewicht.
Alle trinken Caipirinha, und zwar 24/7
    Nein, leider nicht ;-) Der bei uns übliche Caipirinha, bestehend aus Limetten, crushed Ice, braunem Zucker und cachaca (Zuckerrohrschnaps) wird hier so gut wie gar nicht getrunken. Der original brasilianische Caipirinha besteht nur aus Cachaca mit Zucker und einer Zitronen(!)scheibe. Ich habe hier noch gar keinen Caipirinha getrunken. Die Brasilianer in unserem Bundesstaat sind Biertrinker.
Die Brasilianer liegen – wenn möglich – immer am Strand
    Das stimmt!!! Von Mitte Dezember bis Mitte Februar sind in Rio Grande do Sul Ferien und die Stadt ist glaubt man Lisi, Francioni und Elisa wie leer gefegt. Die meisten Brasilianer aus unserer Gegend sind in Santa Catarina, dem nördlich angrenzenden Bundesstaat, der wunderschöne Strände zu bieten hat. Wer zurzeit dort nicht im Urlaub ist, fährt zumindest über das Wochenende die kurze Strecke (ca. 700 km!).
Hausangestellte sind Menschen zweiter Klasse
    Bei uns im Haus gilt dies definitiv nicht. Unser „Mädchen für alles“ Nilva wohnt zwar nicht hier, aber sie gehört mit zur Hausgemeinschaft. Sowohl ich als auch alle anderen halten immer Schwätzchen mit ihr. Ich verstehe inzwischen, was sie sagt und kann auch schon mit einfachen 3-Wort-Sätzen antworten, was gestern dazu geführt hat, dass Nilva und Angela, ganz gerührt vor mir standen, sich gegenseitig angeschaut haben und Nilva meinte „Entende-nos melhor e melhor“ (Sie versteht uns immer besser). Ich kam mir ein bisschen vor wie ein Kleinkind, das sprechen lernt und deren Großmütter mit großen Augen vor dem Kinderwagen stehen, weil es zum ersten Mal „Oma“ gesagt hat ;-))
    De facto steigen aber die vielen dunkelhäutigen Hausmädchen abends meist in die Busse, die in die weniger schönen Viertel oder sogar in Richtung favelas fahren.
Brasilien ist nicht sicher
    In meinem Kopf ist der Gedanke, dass es hier gefährlich ist durchaus präsent. Bewegt man sich tagsüber in den Straßen vergisst man dies aber leicht, weil es hell und wunderschön ist, viele Menschen unterwegs sind und alles fröhlich wirkt. Es gibt aber einige Anzeichen, die auch mir bewusst machen, dass wir in einem durchaus gefährlichen Land leben. Man sieht zum Beispiel fast nie Kinder, die alleine unterwegs sind. Wenn überhaupt, gibt es Jugendliche ab 16 Jahren, die aber auch nur in den Einkaufszentren anzutreffen sind. Gerade in unserem Viertel ist fast jedes Haus 24 Stunden bewacht. Manche Häuser teilen sich auch Wachdienste, die dann Wachhäuschen auf der Straße haben. Alle Häuser sind hoch umzäunt, haben Alarmanlagen und die Gärten liegen nach hinten. Auf vielen Straßen gibt es Häuschen für die Militärpolizei. Unverhofft sieht man in manchen Seitenstraßen oder unter Brücken favelas auftauchen, um die ich einen großen Bogen mache. In Banken stehen Männer mit Gewehren oder Pistolen. Wenn es dunkel ist, sieht man fast keine Menschen auf den Straßen. Die Leute nehmen dann das Auto und auch Jan und ich werden hier keine Abendspaziergänge machen.

Dies sind nur einige der Wahrheiten und Unwahrheiten über Brasilien. Die Liste ist noch endlos lang und ich schreibe immer mal wieder etwas dazu. Wenn euch etwas spezielles interessiert, dann fragt gerne.
Mittwoch, 11. Januar 2012 1 Kommentare

Es grünt so grün...

Dienstag, 10. Januar 2012 6 Kommentare

Lirum Larum Löffelstiel – brasilianisch Kochen mit Tessa:

Bevor ihr in heiteres Gelächter ausbrecht ob meiner allseits bekannten Hausfrauenqualitäten: Ich habe beschlossen ein paar brasilianische Gerichte nachzukochen und ja! Das erste Mal war ich erfolgreich.

Schon am Flughafen in Sao Paulo hat Jan mich in die Feinheiten der brasilianischen Küche eingeführt. Ich habe es bereits erwähnt... Ich bin bereits jetzt süchtig nach pao de queijo (die direkte Übersetzung ist Käsebrot, es hat aber nichts mit unserer Vorstellung von einem Vollkornbrot mit Gouda zu tun ;-)).
Nachdem wir gg. sechs Uhr morgens in der größten Stadt Brasiliens am Flughafen angekommen waren (Sao Paulo hat knapp 20 Millionen Einwohner!), wollten wir erst einmal frühstücken. 
Jan stellte sich am Ende einer laaangen Schlange an und antwortete auf meinen etwas verzweifelten Blick: „Glaub mir, das Warten lohnt sich!“. Nach 20 Minuten waren wir zur Theke vorgedrungen und durften bestellen. „Quatro paes de queijo, por favor.“ Wir bekamen 4 kugelrunde, warme und braun gebackene Bällchen und der erste Biss begeisterte mich sofort.
Pao de queijo kann man hier in jeder Bäckerei und in jedem Supermarkt kaufen. Die Brasilianer essen dieses Brandteiggebäck zum Frühstück oder aber auch als Snack zwischendurch. Ebenso beliebt sind sämtliche Arten gefüllter Teigpasteten, genannt pastel oder empanada. Die Auswahl ist schier unendlich, es gibt sie mit Fisch, Fleisch oder Hühnchen gefüllt oder aber ebenso mit Käse. Diese kleinen Snacks fallen beim Einkaufen unter den Oberbegriff salgados (Herzhaftes) im Gegensatz zu doces (Süßigkeiten). Im Prinzip kann man beim Einkaufen nicht viel falsch machen. "Gebackene Käsedinger" schmecken ja eigentlich immer, da es aber kein festgelegtes Rezept gibt, backen viele Brasilianer lieber selbst.
Um der schnellen Integration willen habe ich mich also auch in die Küche gestellt und möchte euch das Rezept nicht vorenthalten:

Zutaten:
200 ml Wasser
200 ml Öl (am besten Sonnenblumenöl)
500 g Maniokmehl (es geht auch Tapioka- oder Maismehl, mit dem deutschen Weizenmehl werden sie vermutlich nicht knusprig)
1 Prise Salz
400 g geriebener Käse (hier kann man alles ausprobieren, was das Herz begehrt. In Brasilien gibt es leider nur wenig Käseauswahl. Ich habe etwas genommen, was ähnlich wie Emmentaler schmeckt).
2-3 Eier


Zuerst das Wasser mit dem Öl zusammen aufkochen.
Über das Mehl geben und langsam unterheben.
Wenn alles ein bisschen abgekühlt ist, die Eier und den geriebenen Käse mit den Händen untermischen und den Teig gut durchkneten.


Danach Bällchen daraus formen (ungefähr Golfballgröße; die, die ich gemacht hab, sind etwas zu groß geworden).


Dann das ganze bei ca. 180 Grad für 30 Minuten in den Backofen. Temperatur und Zeit sind etwas schwierig zu bestimmen, weil wir hier einen Gasherd haben.

hmm... lecker pao de queijo
Die paes de queijo sollten angebräunt sein. Wenn man sie direkt isst, kann man sie auch goldbraun backen. Wenn sie eine Zeit stehen gelassen werden, sollten sie eher blass sein, weil sie sonst zu hart werden.

So - und nun ab auf die Hüften damit und bom apetite!


Montag, 9. Januar 2012 4 Kommentare

Knackig, knackiger, Brasileiras!

Oder: Vom Schönheitswahn der Brasilianerinnen.
Quelle: bild.de

Gisele Bündchen, Adriana Lima, die schönsten Frauen der Welt kommen angeblich aus Brasilien.

Nach der ersten Woche in der neuen Heimat bin ich geneigt, dem unumwunden zuzustimmen! Wenn man durch die Straßen der Stadt läuft sieht man einfach unglaublich viele schöne Frauen. Lange Haare, braun gebrannt, figurbetonte Kleidung und Schuhe, auf denen ich Dirk Nowitzki Konkurrenz machen würde... Die Brasileiras kleiden und bewegen sich auf eine Art, die deutsche Frauen (ICH!) nicht drauf haben. Ich habe permanent das Gefühl ich trample durch die Gegend, der klassische Hüftschwung fehlt mir einfach.
Besonders aufgefallen ist mir das am Samstag Abend. Wir waren mit Francioni und seiner namorada (festen Freundin) Lisi in einem Pub, um zu essen, Bier zu trinken und eine Live Band spielen zu hören. Kaum fing die Band an zu spielen, sprang Lisi auf und fing an zu tanzen. Auch die übrigen Frauen (und Männer) im Pub tanzten sofort, während Jan und ich ein bisschen plan- und ziellos rumsaßen. Ich habe fasziniert die tanzenden Paare beobachtet und festgestellt: Die Brasileiros haben einfach ein anderes Körpergefühl. Getanzt wird nicht, weil andere zuschauen oder um die Aufmerksamkeit von Jemandem zu erregen (wie das meiner Meinung nach in Deutschland häufig der Fall ist), sie folgen mit Körper und Seele der Musik, gehen völlig mit und vergessen alles um sich herum. Schön anzusehen und mich hat es definitiv mitgerissen, so dass ich zum ersten Mal im Leben das Gefühl hatte, ich tanze und tanze und tanze um der Musik willen und wegen nichts anderem!
Schönheit aber auch Schönheitswahn wird hier groß geschrieben und Schönheitsoperationen gehören hier zum guten Ton.
An jeder Ecke finden sich ästhetische Kliniken, besonders in einer Parallelstraße unserer Straße findet sich eine Klinik nach der anderen, das gehört hier zum Stadtbild:

Misson Knackarsch und Bikinifigur müssen also gestartet werden, aber bitte ohne chirurgia plastica ;-)
Ich halte es da doch lieber mit dem guten alten Versuch, mindestens jeden zweiten Tag laufen zu gehen. Heute morgen habe ich mich also zum ersten Mal aufgerafft und bin mit Jan aufgestanden und gemeinsam mit ihm aus dem Haus gegangen, ausgestattet mit Laufdress und dem neuen I-Pod. Nilva und Angela (unsere Hausvorsteherin) haben mich angeschaut, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank, weil es draußen schon 28 Grad waren, aber ich bin tapfer los und in den Park um die Ecke gelaufen. Als ich die Menge der Jogger gesehen habe, kam ich mir schon weniger tapfer vor. Das Durchschnittsalter lag locker bei 60+ und mein Hintern war bei weitem nicht der Knackigste! Saude e movimento (Gesundheit und Bewegung) werden hier großgeschrieben und so bin ich mit Massen an Menschen um unseren "Veedelspark" gelaufen:



Eindrücke des Parks
Nach vier Runden sah ich aus wie Tomato Joe und habe mich ähnlich gefühlt. Mitleidige Blicke eines mindestens 80-jährigen Pärchens haben mich dann dazu gebracht, nachhause zu laufen und es fürs Erste dabei zu belassen, aber: Ich gebe nicht auf und komme wieder! Versprochen!
Allerdings nicht gleich Morgen...

PS: Muitas felicidades Jens - der Post heute ist extra für Dich als kleiner Anreiz für einen baldigen Besuch ;-)
Sonntag, 8. Januar 2012 0 Kommentare

Panoptikum der Woche

Samstag, 7. Januar 2012 1 Kommentare

Von rollschuhlaufenden Servicekräften...

und der Schwierigkeit, einen Staubsauger zu erstehen.

Gestern Abend waren wir in einem der zahlreichen Einkaufszentren von Porto Alegre. Schließlich muss ein kompletter Haushalt neu aufgebaut werden.

Also ab ins Auto (Jan fährt schon wie ein Brasilianer) und zum Zentrum. Als wir auf den Parkplatz einbiegen wollen, springt uns ein junger Mann mit Trillerpfeife vor das Auto und pfeift energisch in unsere Richtung. Jan bleibt wie selbstverständlich stehen und erklärt mir auf meine fragenden Blicke: "Das ist der Angestellte, der pfeift, wenn Fußgänger um die Ecke kommen!" Ach so - das gibt natürlich Sinn...

Weiter geht es dann mit der Rolltreppe in einen Elektro- und Supermarkt. Mehrere Servicekräfte auf Rollschuhen umkreisen uns und ich erspare mir diesmal die Frage und lache einfach nur. Ich zücke schon den Fotoapparat aber Jan findet das unangenehm, also gebe ich nach und verzichte auf das Superfoto!!!

Der Plan ist für heute: Einen Staubsauger kaufen. Dürfte eigentlich kein Problem sein, denke ich, aber da habe ich mich getäuscht. Wir umkreisen mehrere Modelle, die alle nicht in Frage kommen, weil die Voltzahl zu hoch ist und entscheiden uns schließlich für dieses Modell:

Für knapp über 100 EUR (!) ist das eines der günstigsten Modelle und ich weine still in mich hinein und verabschiede mich von den Glitzerhavaneiros, die die Haushaltskasse diese Woche sonst für mich bereit gehalten hätten ;-)
Also nur noch Jemanden finden, der uns den Staubsauger gibt, denn einfach selber nehmen und ab zur Kasse, das gibt es in Brasilien nicht. Es gibt immer einen Angestellten, der einem das Gekaufte aufschreibt, einen der es aus dem Lager holt und einen der es abrechnet (aber es gibt ja auch Angestellte, die pfeifen, also was wundert es mich...).
Ich gehe also mutig auf einen Verkäufer zu und sage "Poderia me ajudar, por favor?" (Können Sie mir bitte helfen). Er schaut ganz erschrocken, vermutlich aufgrund des offensichtlichen Akzents, trabt aber brav hinter mir her, schreibt sich die Modellnummer auf und bittet uns an einen Schreibtisch. "Huch", denke ich, "müssen wir jetzt einen Kaufvertrag aufsetzen für einen simplen Staubsauger?". Ja, müssen wir! Der Verkäufer möchte Namen, Anschrift, eine Rufnummer unter der wir erreichbar sind (vielleicht für den Fall, dass ein zweiter Staubsauger ein Zuhause sucht und sie uns dann anrufen können) und die CPF, das ist die Cadastro de Pessoas Fisicas, also eine Steuernummer, ohne die in Brasilien gar nichts geht. Nach einer geschlagenen 3/4 Stunde haben wir es dann geschafft. Der Staubsauger gehört uns und ich habe das Gefühl, einen erfolgreichen Tag hinter mir zu haben.
Der Plan für heute war eigentlich, Möbel zu kaufen, aber ich fühle mich einfach zu erschöpft ;-)
Freitag, 6. Januar 2012 3 Kommentare

Hmmm... lecker Churrasco - oder:

... der Grund, warum Jan eigentlich nach Brasilien gezogen ist!

Achtung! Dies ist ein anti-vegetarischer Post! Bitte auf eigene Gefahr weiterlesen!

Es geht nämlich heute um: UNSEREN INDOORGRILL!!!
Vielbesungen auf meinem Junggesellinnenabschied und der Hochzeitsfeier und Jans Lieblingsthema in Bezug auf Brasilien ist die churrasqueira, die hier in so gut wie jeder Wohnung zu finden ist.
Laut Jan bezahlt der Porto Alegrier, ähh Porto Alegrianer, oder doch Porto Alegrio?! - egal, jedenfalls bezahlt der Einwohner unserer Stadt für Wohnungen ohne churrasqueira weniger Miete. Ob Märchen oder nicht, Fleisch essen ist hier wichtig! Im Supermarkt bilden sich laaange Schlangen vor der Fleischtheke und das Angebot an carne (Rindfleisch) ist schier unbegrenzt.
Kurioserweise isst man Fleisch aber offensichtlich hauptsächlich am Wochenende. Unter der Woche gibt es mittags "nur" frango (Hühnchen), sowohl in Jans Kantine als auch in den zahlreichen Restaurants, die mittags entweder all you can eat für einen Festpreis oder Essen per Gramm/Kilo-Preis anbieten.
Um euch einen Eindruck von einer churrasqueira zu geben, habe ich unsere fotografiert:


Das Prinzip ist relativ einfach. Man reibt unterschiedliche Stücke vom Rind mit grobem Salz ein und lässt das Ganze dann eine Weile ziehen. Dann wird das Salz abgeklopft und die Fleischstücke werden aufgespießt und über der Holzkohle im unteren Teil gegrillt. Sind sie fertig wird frisch vom Spieß auf den Teller geschnitten. Als Vorspeise gibt es meist kleine Würstchen, also Fleisch als Vorspeise zum Fleisch ;-) Wer mag, kann das Fleisch dann in farofa dippen. Das ist geröstetes Maniokmehl und soll das Fett des Fleisches aufsaugen, um das Ganze für den Magen erträglicher zu machen (man kann sich alles gesund reden... für mich ist das einfach paniertes Fleisch ;-).
Wir haben churrasco in der Wohnung noch nicht ausprobiert. Ich möchte gerne eine Einweisung von einem Einheimischen haben, bevor ich im Wohnzimmer mit Holzkohle hantiere. Außerdem drängt mein Hygienegefühl mich dazu, den Grill erst einmal ein paar Wochen in Desinfektionsmittel einzuweichen ;-) Aber vielleicht geht dann der urtümliche Geschmack verloren, was meint ihr?
Mein erstes churrasco erlebe ich auf jeden Fall morgen. Wir sind bei Freunden in einem Vorort eingeladen und ich bin schon ganz gespannt und werde berichten, wie es war...
Donnerstag, 5. Januar 2012 0 Kommentare

Puuhh... wir wohnen am Berg!

Der Plan für heute war eine Herausforderung:

1. Ich musste Nilva, unsere gute Seele im Haus, die putzt, Müll trennt, auf- und abschließt, immer ein freundliches Wort auf den Lippen hat und am "Empfang" sitzt, fragen, wie wir die Holzwurmplage in unserer Wohnung in den Griff bekommen. Ich habe Angst, dass wir nächste Woche keine Schränke mehr haben, wenn die kleinen Scheißerchen weiter so fleißig fressen... Also erst einmal herausfinden, was "Holzwurm" auf portugiesisch heißt und dann Nilva ansprechen, die selbst schon ganz verzweifelt ist, weil Jan und ich sie einfach nicht verstehen.
Ich habe mir dann, ausgefuchst wie ich bin, ein paar Sätze aufgeschrieben:
"Wir haben Holzwurm im Schrank"
"Was kann ich dagegen kaufen"
"Wo kann ich es kaufen"
"Kannst Du das aufschreiben"
und bin dann tapfer runter zu ihr und habe meine Grundkenntnisse "Bom dia Nilva, tudo bem, tenho uma pergunta" (Guten Morgen Nilva, alles klar, ich habe eine Frage) angewandt. Sie hat ganz erschrocken geschaut, weil ihr schon klar war, dass alles, was sie mir sagt, sowieso nicht ankommt, aber ich habe mein schlaues Buch mit den Fragen rausgeholt und brav vorgelesen. Sie war ganz begeistert und hat mich mit dem typisch brasilianischen "Daumen hoch" belohnt (das ist hier das immergültige-allerwelts-standard-Zeichen).
1. Tagesaufgabe also erledigt.

2. Aufgabe: Sprachschulen abklappern und zwar zu Fuß, weil ich mir vorgenommen habe, in Zukunft auch immer zu Fuß zum Sprachkurs zu gehen. Bei dem Wetter finde ich Busfahren irgendwie eine Verschwendung.
Also bin ich bei 30 Grad zu Fuß los und schnell wird klar: Wir wohnen am Berg! Das ist nicht nur so ein kleiner Hügel, nein - die Straße geht im Prinzip im 90-Grad-Winkel nach oben, ich hoffe, das wird auf dem Foto deutlich:

Dafür ist der Weg umso schöner. Alles ist grün und es riecht nach Blüten und Sommer. Einiges blüht sogar noch. Ich habe mal ein paar Eindrücke von meinem bald täglichen Weg eingefangen:

Juhuu!!! VW-Bus!!!





Das Viertel, durch das ich gehen muss, heißt Mont Serrat und ist unser Nachbarviertel. Der Weg ist gesäumt von Luxus-Hochhäusern und Villen, aber zwischendrin stehen überall kleine Häuschen, in denen Kunst ausgestellt wird und es gibt wunderbare kleine Cafes und Läden. Es ist einfach schön.

Ich werde vermutlich bei Berlitz erstmal einen Intensivkurs über 2-4 Wochen machen und dann schauen, ob ich weiter Privatunterricht nehme, wenn möglich in einer kleinen Gruppe. Leider bietet keine Sprachschule Gruppenkurse an, weil es einfach zu wenig Leute gibt, die Portugiesisch lernen wollen. Dafür habe ich bei Berlitz die Möglichkeit, in den Pausen mit all den Brasilianern, die entdeckt haben, das Englisch lernen doch ganz sinnvoll ist, Kontakt zu bekommen. Ich bin gespannt...
Mittwoch, 4. Januar 2012 0 Kommentare

Porto Alegre: Sightseeing mit Alessandra

Heute vormittag hatte ich mein erstes Date mit einer Brasilianerin: Alessandra, Jans Portugiesischlehrerin. Es ist nur halb so spannend, wie es klingt, weil sie fließend deutsch spricht ;-)

Wir haben uns bei uns getroffen und sie hat mir Busfahren beigebracht. Ich hatte vorher wirklich Angst, dass ich hier keine öffentlichen Verkehrsmittel nutzen kann, aber es ist alles halb so wild. Direkt vor unserer Haustür fährt ein kleiner roter Bus vorbei. Den winkt man einfach an die Seite, wie bei einem Taxi, steigt ein und fragt, in welche Richtung er fährt. Ist man im richtigen Bus, darf man aussteigen, wo man möchte.
Wir sind also gemeinsam ins Zentrum von Porto Alegre gefahren und haben ein bisschen Sightseeing gemacht.
Hier ein paar Eindrücke:
Gebäude der Santander Bank, in dem Veranstaltungen stattfinden

einer der wenigen erhaltenen Kolonialbauten

portugiesische Kirche
Leider gibt es in der Innenstadt hauptsächlich Hochhäuser und nur wenig restaurierte Kolonialbauten. Die Brasilianer entdecken laut Alessandra gerade erst, dass es schön sein kann, das Alte zu erhalten und zu restaurieren.
Eines der Gebäude, die gerade restauriert werden, ist das Kulturzentrum Mario Quintana. Es ist wunderschön und das allerschönste ist das wunderbare kleine Cafe auf dem Dach, in dem ich sicher noch den einen oder anderen Abend den Sonnenuntergang bei Livemusik genießen werde:


Nach unserer Sightseeingtour waren wir dann im mercado publico, einer Markthalle, in der es man so ziemlich alles kaufen kann, was das Herz begehrt. Alessandra hat mir einige Obst- und Gemüsesorten erklärt, die man in Deutschland nicht kennt. Am meisten beeindruckt hat mich die Keschu-Frucht, aus der man die Cashew-Nüsse gewinnt, bei der man aber auch die Hülle essen kann. Insgesamt gibt es eine unglaubliche Vielfalt an tollen Früchten!!!
Obststand im mercado publico
Neben Lebensmitteln gibt es aber auch Stände, an denen man alles rund um chimarrao kaufen, das Nationalgetränk in unserem Bundesstaat Rio Grande do Sul, das ich bisher als Matetee kannte.
Mit den typischen Bechern, aus denen die Kräutermischung getrunken wird, laufen hier die meisten Menschen durch die Gegend.
Auch spannend ist der Stand für alles rund um candomble. Das ist der afrikanisch-brasilianische Vodoo-Kult, der von einem Teil der afrikanisch-stämmigen Bevölkerung praktiziert wird. Von Tee über Kerzen, Püppchen, Spiegeln, Kleidung über Fertig-Vodoo-To go-Sets gibt es alles!
Ich hab mich nicht getraut, Fotos zu machen... Wer weiß, welcher Vodoo-Gott es sonst böse mit mir meint ;-)
Dienstag, 3. Januar 2012 2 Kommentare

Bem-vindo ao Brasil! - Die ersten Eindrücke

Brasilianer sind Meister im Schlange stehen
U-turns existieren nicht - stattdessen: rechts, rechts, rechts und links
Das Wort der Stunde ist "caruncho" = Holzwurm
Es ist grün, bunt, heiß und windig in Porto Alegre
pao de queijo ist eine Offenbarung
es spricht tatsächlich keiner Englisch
 
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